Praktische Partikel-Praxis

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Die Definition grammatikalischer Funktionen mit Partikeln

Wie möchten jetzt das im letzten Kapitel Gelernte nutzbringend anwenden, indem wir ein Substantiv mit einem anderen verbinden. Dies geschieht mit den sogenannten Partikeln. Partikel bestehen aus ein oder zwei Hiragana-Silben und werden an ein Wort angehängt, um dessen grammatikalische Funktion im aktuellen Satz zu definieren. Die korrekte Verwendung von Partikeln ist sehr wichtig, weil sich die Bedeutung eines Satzes komplett ändern kann, wenn andere Partikel verwendet werden. Beispielsweise wird aus dem Satz "Fisch essen." der Satz "Der Fisch ißt.", nur durch Veränderung eines Partikels.

Der Themenpartikel 「は」

Der erste Partikel, den wir kennen lernen, ist der Themenpartikel. Der Themenpartikel spezifiziert, über was gerade geredet wird, also das Thema des Satzes. Angenommen, jemand sagt "Nicht Student." Das ist im Japanischen ein absolut korrekter Satz, aber er sagt einem nicht viel, wenn man nicht weiß, worauf sich der Satz bezieht. Der Themenpartikel erlaubt es uns auszudrücken, worum es in unserem Satz geht. Der Themenpartikel wird mit dem Buchstaben 「は」geschrieben. Diese Silbe wird gewöhnlich / ha / ausgesprochen, im Falle des Themenpartikels (und nur dort) ist die Aussprache allerdings / wa /.

Beispiel 1

ボブ: アリス学生?- Bist du (Alice) Studentin?
アリス: うん学生。- Klar, bin ich.

Hier weist Bob darauf hin, dass seine Frage sich auf Alice bezieht. Man beachte, dass das 「だ」 weggelassen wurde, obwohl in der Übersetzung die Worte 'bist' und 'bin' auftauchen. Weil wir wissen, dass Alice das Thema ist, brauchen wir nicht mehr, um zu sehen, dass Alice eine Studentin ist. Übrigens: Weil Bob eine Frage stellt, kann er gar kein 「だ」 anhängen. Das wäre wie der Versuch, gleichzeitig eine Feststellung zu machen und etwas zu fragen.

Beispiel 2

ボブ) ジム明日?- Ist Jim morgen?
アリス) 明日じゃない。- Nicht morgen.

Weil wir den Zusammenhang nicht kennen, haben wir nicht genug Informationen, um dieses Gespräch zu verstehen. Offenbar macht es keinen Sinn, dass Jim wirklich morgen ist. Wenn ein Kontext gegeben ist, kann der Satz alles mögliche bedeuten, solange es sich um Jim und morgen dreht. Zum Beispiel könnte es darum gehen, wann eine Prüfung stattfindet.

Beispiel 3

アリス) 今日試験だ。- Heute ist Prüfung.
ボブ) ジムは? - Was ist mit Jim?
アリス) ジムは明日。 - Jim ist morgen. (Was Jim betrifft, ist die Prüfung morgen.)

Es ist wichtig zu verstehen, wie allgemein ein Thema sein kann. Ein Thema kann sich auf beliebige Aktionen oder Objekte beziehen, die von irgendwoher kommen können, sogar aus anderen Sätzen. Im letzten Satz des Beispiels geht es darum, wann Jim's Prüfung stattfindet, obwohl das Wort "Prüfung" nirgendwo in diesem Satz auftaucht!

Am Ende des Kapitels werden wir mit dem Bestimmungspartikel einen spezifischeren Partikel kennen lernen, der enger mit dem Satz verbunden ist.

Der einschließende Themenpartikel 「も」

Ein weiterer Partikel, der sich ähnlich wie der Themenpartikel verhält, ist der einschließende Themenpartikel. Im Prinzip handelt es sich um den Themenpartikel mit der zusätzlichen Bedeutung von "auch". Damit kann er ein zusätzliches Thema zusätzlich zum bestehenden Thema einführen. Der einschließende Themenpartikel wird mit der Silbe 「も」 geschrieben. Seine Verwendung kann man am besten an einem Beispiel verstehen.

Beispiel 1

ボブ: アリスは学生?- Bist du (Alice) Studentin?
アリス: うん、トム学生。- Ja, und Tom is auch Student.

Man beachte, dass Alice mit ihrer einschließenden Bemerkung konsistent sein muß. Es würde keinen Sinn machen zu sagen: "Ich bin Studentin, und Tom ist auch kein Student." Stattdessen würde Alice den「は」-Partikel benutzen, um die einschließende Bedeutung zu vermeiden, wie das nächste Beispiel zeigt.

Beispiel 2

ボブ: アリスは学生?- Bist du (Alice) Studentin?
アリス: うん、でもトム学生じゃない。- Ja, aber Tom ist nicht Student.

Beispiel 3

Das ist eine weitere Möglichkeit.
ボブ: アリスは学生?- Bist du (Alice) Studentin?
アリス: ううん、トム学生じゃない。- Nein, und Tom ist auch nicht Student.

Aber warum sollte Alice plötzlich über Tom reden, wo Bob doch nach Alice fragt? Nun, wenn Tom beispielsweise neben ihr steht, möchte sie ihn vielleicht in das Gespräch mit einbeziehen.

Der Bestimmungspartikel 「が」

Schön, wir können also das Thema mit 「は」 oder 「も」 kennzeichnen. Aber was tun wir, wenn das Thema unbekannt ist? Was ist, wenn man beispielsweise fragen will “Wer ist der Student?” Was gebraucht wird, ist eine Art "Bestimmer", weil man nicht weiß, wer der Student ist. Wenn der Themenpartikel verwendet würde, bekäme man die Frage "Ist wer der Student?", und das macht keinen Sinn, weil "wer" keine richtige Person ist.

An dieser Stelle kommt der 「が」-Partikel ins Spiel. Er wird auch als Subjektpartikel bezeichnet, aber ich hasse diesen Begriff, weil er etwas völlig anderes in der deutschen Grammatik bedeutet. Stattdessen bin ich dazu übergegenden, ihn Bestimmungs-Partikel*) zu nennen, weil er anzeigt, dass der Sprecher etwas unspezifiziertes bestimmen will.

*) Diese Übersetzung ist ungenau: Es gibt kein deutsches Wort, das alle Bedeutungen von 'identifier' umfasst, und 'Identifizierungspartikel' klingt furchtbar [dg].

Beispiel 1

ボブ: 学生?- Wer ist derjenige, der Student ist?
アリス: ジム学生。- Jim ist der, der Student ist.

Bob möchte herausfinden, welcher von den denkbaren Kandidaten der Student ist. Alice antwortet, dass Jim derjenige ist. Alice hätte auch den Themenpartikel verwenden können um auszudrücken, dass sie bezogen auf Jim weiß, dass er ein Student ist (vielleicht nicht der Student). Das nächste Beispiel verdeutlicht den Unterschied.

Beispiel 2

(1) 学生? - Wer ist derjenige, der Student ist?
(2) 学生?- (Der) Student ist wer?

Du siehst hoffentlich, dass (1) versucht, eine spezifische Person für "Student" zu suchen, während (2) einfach über den Studenten spricht. Man kann in Satz (1) nicht 「が」 durch 「は」 ersetzen, weil "wer" damit zum Thema würde, und die Frage "Ist wer ein Student?" lauten würde.

Die beiden Partikel 「は」 und 「が」 scheinen sich nur deshalb so ähnlich zu sein, weil es unmöglich ist, den Unterschied direkt ins Deutsche zu übersetzen. Beispielsweise würden 「学生」 und 「学生」 zu "Ich bin Student."*) übersetzt. Sie scheinen aber nur deshalb so ähnlich zu sein, weil im Deutschen die Informationen über den Kontext nicht so kurz und bündig ausgedrückt werden können, wie es im Japanischen manchmal möglich ist. Im ersten Satz「学生」 ist 「」 das Thema, und darum bedeuted der Satz "Was mich betrifft, ich bin ein Student". Im Gegensatz dazu bestimmt im zweiten Satz 「」, wer der Student ist: 「学生」. Wenn wir wissen wollen, wer der Student ist, weist uns der 「が」 -Partikel darauf hin, dass es sich um 「」 handelt.

Man kann sich den 「が」-Partikel auch so vorstellen, als würde er immer eine unausgesprochene Frage beantworten. Wenn wir beispielsweise den Satz 「ジムがだ」 betrachten, beantworten wir eine Frage wie "Wer ist der Fisch?" oder "Welche Person ist der Fisch?" oder möglicherweise sogar "Welches Essen mag Jim?" Oder, gegeben den Satz, 「これ」, wir könnten damit die Fragen beantworten "Welches ist das Auto?" oder "Was ist das Auto?" Die 「は」 und 「が」-Partikel sind ziemlich unterschiedlich, wenn man auf die richtige Art denkt. Der 「が」-Partikel bestimmt eine spezifische Eigenschaft von etwas, während der 「は」-Partikel bloß dazu dient, ein neues Thema ins Gespräch einzubringen. Darum ist es auch in längeren Sätzen üblich, das Thema mit Kommata abzugrenzen, um klarzustellen, auf welchen Teil des Satzes sich das Thema bezieht, und so Mehrdeutigkeiten zu vermeiden.

*) Nun, technisch gesehen ist es die wahrscheinlichste Übersetzung, wenn der Zusammenhang nicht bekannt ist.

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Diese Seite wurde zuletzt durchgesehen 2005/8/5
Die Übersetzung wurde zuletzt durchgesehen 2005/9/15